(jap) Während der Film „Das Damengambit“ in der Schachszene für einen unerwarteten Boom und viel Aufmerksamkeit gesorgt hat, finden selbst die zahlreichen internationalen Erfolge des deutschen Backgammonteams in der Öffentlichkeit nur wenig Beachtung. Ein guter Grund, die deutsche Backgammonszene ins rechte Licht zu setzen.

Backgammon ist ein traditionelles Brettspiel, das in unterschiedlichen Varianten weltweit gespielt wird. Es hat einfache Regeln, eine kurze Spieldauer und einen abwechslungsreichen Spielverlauf. Wer nur gelegentlich Backgammon spielt, ahnt oft nicht, dass es eine Spieltiefe wie Schach besitzt und kein Glücksspiel ist. Im Vergleich mit Schach sorgen die Würfel für zusätzliche Dynamik, Swing und Emotionen. Das macht Backgammon auch für Spieler mit unterschiedlicher Spielstärke attraktiv. Erst auf längere Sicht zeigt sich dann, wer spielen kann.

Intuitiv würde man vermuten, dass die Spieler und Spielerinnen in der Mittelmeerregion den Backgammonsport dominieren. Backgammon nahm dort seinen Ursprung und ist in vielen Familien noch immer fester Bestandteil des Alltags. Doch die dort favorisierten Varianten weichen in unterschiedlichem Maße von den internationalen Turnierregeln ab.

Darüber hinaus haben eine zunehmende Backgammonliteratur und die Entwicklung einer spielstarken Backgammonsoftware, die die beste Entscheidung für jede Spielsituation errechnen kann, in den vergangenen Jahrzehnten einen deutlichen Leistungssprung in der Spieltechnik ermöglicht.

Insofern ist es nicht überraschend, dass bei einer insgesamt hohen Leistungsdichte im Backgammonsport die Mittelmeeranrainerstaaten Italien, Griechenland oder Iran einen schweren Stand gegen Akteure aus Nordeuropa, den USA und insbesondere Japan haben.

Unter dem Dach der World Backgammon Federation treten in wechselnden europäischen Ländern seit 2015 die besten Nationen zur Weltmeisterschaft an. Das deutsche Team wurde 2015 und 2017 Vizeweltmeister, 2018 und 2019 Weltmeister und stand auch 2020 mit Platz 3 auf dem Treppchen.

Bereits seit 2013 trägt die parallel agierende World Backgammon Internet Federation jährliche Weltmeisterschaften auch online aus. Mittlerweile gibt es nur noch Wenige, die ausschließlich Live spielen, so dass manche Teams in ähnlicher Aufstellung antreten. Auch hier hat das deutsche Team zahlreiche Erfolge auf dem Konto: Platz 3 in den Jahren 2014, 2017, 2020, 2021 und Vizeweltmeister in 2015. Hier fehlt noch der Weltmeistertitel!

Seit einigen Tagen läuft das Finale der die Online-Weltmeisterschaft 2022 zwischen Dänemark und Türkei. In einem 3-Leben-Turnier mit 34 Teams hat das deutsche Team zu Beginn mit Schweden, Dänemark und Nord-Mazedonien ein anspruchsvolles Programm. Ebenso wie die Deutschen gehören die Dänen und Schweden zu den weltweit spielstärksten Teams. Jedes Team-Match wird über 5 einzelnen Matches ausgetragen, an dem sich jeweils unterschiedliche Spieler der beiden Teams gegenübersitzen. Die Spiele werden auf dem Server Backgammon Studio Heroes gespielt, die Ergebnisse auf der Website von WBIF International dokumentiert.

Zahlreiche Matches des deutschen Teams wurden auf Youtube live gestreamt.

Die Spieler wurden im Anschluss interviewt und einzelne Spielentscheidungen nochmal näher betrachtet.

Die Spieler des deutschen Teams haben sich durch hervorragende Leistungen bei den Turnieren von WBIF Deutschland qualifiziert. Hier werden nicht nur die Spielergebnisse gesammelt, sondern auch alle Matches aufgezeichnet und analysiert. Für jeden Spieler wird auf der Grundlage der Spielentscheidungen ein Performance Rating (PR) errechnet und veröffentlicht. Je besser die PR eines Spielers ist, desto weniger ist er bei den Spielen auf das Wohlwollen der Würfel angewiesen.

Das deutsche Team wurde mit Dirk Schiemann von einem Backgammon-Profi angeführt, der sein Wissen in Seminaren und im Einzelunterricht vermittelt und mit „Die Theorie des Backgammons“ gerade ein weltweit beachtetes Standardwerk in deutscher und englischer Sprache veröffentlicht. Mit Volker Sonnabend, Bernhard Kaiser, Marcel Jochem, Torsten Lux und Jens Averkamp-Peters gehörte das erfahrende und spieltechnisch hochklassige Team erneut zu den Top-Favoriten auf den Titel. Bei drei übriggebliebenen Mannschaften hatte das deutsche Team Lospech und die Türkei erhielt das Freilos ins Finale. Nachdem wir dann mit 2:3 gegen Dänemark ausgeschieden sind, durften wir beim Finale nur noch zuschauen uns aber über die Bronze-Medaille freuen.